Die Welt der jungen Erwachsenen

Weit und eng zugleich

Von Future-Trainerinnen Lisa Canal und Susanne Plaschka

Die Welt der jungen Erwachsenen ist eng und weit zugleich

Stellen Sie sich vor, Sie „swipen“ durch eine Vielzahl an Videos auf Ihrem Social-Media-Kanal und sind mit unterschiedlichsten Emotionen konfrontiert. Manches amüsiert oder inspiriert Sie, Erinnerungen tauchen auf, vieles ist verstörend. Der Nachrichtenstrom scheint unerschöpflich, die Stunden vergehen, der Tag wird kürzer. Das ist nicht nur die Realität vieler junger Erwachsener, sondern auch anderer Generationen. Dabei merken wir oft nicht, wie das Leben an uns vorbeizieht.


Die Welt hat sich durch die Digitalisierung enorm verändert. Sie scheint vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene eng und weit zugleich. Einerseits ist sie eng, weil die allumfassende Sichtbarkeit wenig Raum für unbeobachtete, wertfreie Entfaltung lässt. Raum zum Ausprobieren und Fehler machen, ohne dass die ganze Welt Teil des Prozesses wird. Die Algorithmen von Social Media sorgen dafür, dass man immer mehr vom Gleichen sieht, und realitätsfremde Ideale fördern ständige Selbstoptimierung. Die ältere Generation hingegen erwartet, dass sich die Jungen an ihre Werte anpassen – Umwege werden oft nicht gestattet, und es fehlt an Verständnis. Eltern vergleichen ihre Realität mit jener der jungen Erwachsenen: Das Leben und Aufwachsen heute ist aber einfach anders als früher. Vor allem die Frage, wie man seinen Lebensunterhalt sichert, führt zu Diskussionen.


Andererseits ist die Welt weit, weil alles möglich ist: Ein Buch im Selbstverlag herausgeben? Eine neue Sprache oder ein Instrument lernen? Einen spontanen Flug buchen? Schnell etwas nach Rezept kochen? Kein Problem. Diverse Apps bieten sofort Lösungen. Nichts scheint unmöglich, ob eine Au-pair-Stelle in Papua-Neuguinea oder eine Fahrradtour nach Berlin.


Während wir von den großen Umwälzungen der Welt umgeben sind – wie Nachhaltigkeit und Klimawandel, soziale Ungleichheit, Pandemie und politische Instabilität –, finden im Kleinen stille Revolutionen statt:


Junge Erwachsene leben zwischen zwei Welten


Junge Menschen ernähren sich vegan, tragen Secondhandkleidung oder geben sich dem Minimalismus hin, bauen ihre eigenen Lebensmittel an oder gründen ihr grünes Unternehmen. Das sind Ausdrucksformen, die eigenen Werte zu leben, und die Jugendlichen erwarten Verständnis von den Menschen in ihrer Umgebung. Während einige Eltern bemüht sind, ihre Kinder zu unterstützen, stoßen viele an ihre Grenzen. Es fällt schwer – zum Beispiel zugunsten des Klimas – auf die eine oder andere Bequemlichkeit, die man sich hart erarbeitet hat, zu verzichten, und weil man sich die eigene Schwäche nicht verzeiht, schimpft man über jene, die konsequenter sind.


Irgendwann passt dann gar nichts mehr zusammen. Eine Folge sind Konflikte, in denen häufig pauschalisiert wird und zumindest im Moment kein Platz für die Vielfalt der verschiedenen Standpunkte bleibt – wir verstehen einander nicht.


Wir verstehen einander einfach nicht. Es ist sowohl eng als auch weit, gleichzeitig klar und widersprüchlich. Innerhalb einer Generation war die Vielfalt an individuellen Lebensstilen nie größer, die Kluft zwischen jetzt und früher nie tiefer.


Genau diese Herausforderungen erinnern uns jedoch auch daran, dass wir Bedürfnisse haben, die uns letztlich vereinen. Wir sehnen uns alle nach Liebe, Harmonie und Miteinander, und das unter Berücksichtigung der eigenen Individualität, die sich durch Begeisterung, Freude und Schaffenskraft zeigt.


Ein Schlüssel liegt darin, eine gemeinsame Mitte zu finden – eine Mitte, die es ermöglicht, liebevoll und aktiv mit mir selbst und mit anderen umzugehen. Ein erster Schritt wäre, dass ich mir meiner Bedürfnisse bewusst werde, denn diese führen zu meinen Handlungen. Bin ich mir dessen bewusst, dass Menschen ähnliche Bedürfnisse auf ganz unterschiedliche Weise ausleben? Habe ich reflektiert, welche Bedürfnisse meinen Handlungen zugrunde liegen? Mit dem Verständnis meiner eigenen Handlungen wachsen auch Toleranz und Einfühlungsvermögen gegenüber anderen.


Und genau von diesem Verständnis können wir nicht genug bekommen. Die Erkenntnis, dass es Platz für viele Welten braucht, führt uns unweigerlich zum Verstehen. Gleichzeitig macht sie die Betrachtung von mir selbst in meinem Einflussbereich und den Menschen in meinem Beziehungskreis freudiger und realer, sodass eine gute gemeinsame Zukunft entstehen kann, die ich mit meinem ganz persönlichen Beitrag im Jetzt gestalte.


Junge Erwachsene brauchen Raum für Entwicklung


Weiterführende Angebote:


Über die Autorinnen:

Lisa Canal und Susanne Plaschka sind langjährige FUTURE®-Trainerin und FUTURE-Coaches. Ein großes Anliegen ihrer Arbeit ist, dass junge Erwachsene die Fähigkeiten an die Hand bekommen, um sich zu gesunden und glücklichen Erwachsenen entwickeln zu können. 

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