„Begeisterung ist meine Kernkompentenz“
Als Geschäftsführer der Telekom Deutschland ist Hagen Rickmann seit 2015 verantwortlich für den Geschäftskundenbereich. Seinen Schwerpunkt legt er auf die Digitalisierung mittelständischer Unternehmen. Als Schirmherr der Initiative Digital X bietet er Unternehmen, Wissenschaft und Politik eine Plattform, um sich den wichtigen Fragen der Digitalisierung zu stellen, voneinander zu lernen und sich gegenseitig bei dieser zu unterstützen. Beste Voraussetzungen für spannende Einblicke, die er uns und allen Leadership-Interessierten in diesem LeadersTalk gewährt…
Susanne Plaschka: Als Schirmherr der Digital X bekommst du die Berührungspunkte von Digitalisierung & Leadership sehr nahe mit. Welche Fragen brennen da?
Hagen Rickmann: Unternehmen jeder Größenordnung stehen vor der massiven Herausforderung, mit den Entwicklungen Schritt zu halten – sowohl den technischen als auch den menschlichen Entwicklungen. Eine große Herausforderung in meiner Branche ist, wie in vielen anderen auch, junges Talent zu finden. Guten Nachwuchs, um global Anschluss halten zu können.
SP: Auch Schritt zu halten mit den Veränderungen im Leadership selbst?
HR: Ja, denn die Entwicklung, die da gerade stattfindet, ist enorm. Es geht nicht mehr allein darum, Versorgungs- und Überlebensaspekte des Unternehmens zu managen, sondern immer mehr um die Begeisterung der Menschen. Begeisterung für die Aufgabe, für die Ziele und für das Miteinander.
SP: Ein wichtiges Thema für die nachkommenden Generationen – nicht nur vom Überleben reden, sondern von Begeisterung?
HR: Richtig, das ist meine Hypothese. Um erfolgreich zu sein, müssen wir heute nicht mehr bloß ein Überleben ermöglichen, sondern begeistern. Sonst können wir junge Menschen nicht mehr erreichen. Natürlich geht es ihnen auch um einen guten Lebensunterhalt. Aber vor allem wünschen sie sich, dass Arbeit mit Begeisterung verknüpft ist. Und das wird in Zukunft in allen Bereichen definitiv essenziell.
SP: Hast du einen persönlichen Slogan, der dir hilft, Entscheidungen zu treffen?
HR: Führen ist Coachen. Zu neuen Ergebnissen vorstoßen kann ich nur, wenn ich Menschen A) coache und entwickle und wenn ich ihnen B) etwas beibringe. Wenn ich anderen nur sage „Mach das und das“ findet keine Entwicklung statt. Wir müssen Menschen befähigen. Das halte ich für einen entscheidenden Punkt.
SP: Was glaubst du, schätzen Mitarbeiter*innen an deinem – oder generell an einem – Führungsstil?
HR: Genau das: Coaching. Und dass sie von mir ein klares, aufrichtiges – manchmal auch hartes – Feedback bekommen. Es geht nicht darum, jemanden für etwas zu tadeln, was er nicht gut gemacht hat. Sondern so zu coachen, dass sie oder er es nächstes Mal besser macht. Wenn diese Intention dem Führungsstil zugrunde liegt und solange die Menschen spüren, dass es um ihr persönliches Lernen geht, schätzen sie das und können auch schwieriges Feedback gut annehmen.
Lob gehört natürlich auch dazu, genauso wie sich über die Erfolge anderer zu freuen. Schließlich ist das für das Unternehmen, die Mitarbeiter*innen und damit auch für mich selbst gut. Ich trage das wiederum ins Unternehmen und zu den Mitarbeiter*innen. So entsteht ein Kreislauf ansteckender Begeisterung.
SP: Was ist führungsbezogen eine Schwäche von dir?
HR: Ich sage zu oft Ja und lasse mich auf zu viele neue Dinge ein. Ich kann schlecht neue Chancen ablehnen und nehme manchmal zu viele an, weil sie mich schlichtweg begeistern. Das ist manchmal einfach zu viel.
SP: Was ist dein Credo, wenn es um Selbstführung geht?
HR: Disziplin. Planung. Radikale Vereinfachung. Ich muss Dinge so simplifizieren, dass ich sie ohne Skript replizieren kann. Auch Strukturen vereinfachen, damit ich die Komplexität beherrsche, und nicht tausende Details im Kopf behalten muss. Zu meiner Selbstführung gehört auch, dass ich anderen vertraue. Dass ich an die Menschen, die für mich arbeiten, delegieren kann, und weiß, das wird erledigt.
SP: Wo siehst du deine Stärke bzw. Kernkompetenz als Leader?
HR: Menschen begeistern, das ist meine Kernkompetenz. Dazu gehört auch, mich selbst begeistern zu können – für neue Technologien und Veränderungen. Durch diese Begeisterung kann ich mich für die Themen belasten. Eine Stärke von mir ist sicherlich auch, Inhalte einfach darzustellen und zu erklären.
SP: Und was begeistert dich an deinem Job, warum bist du Führungskraft geworden?
HR: Weil ich das immer wollte. A) Ich habe schon immer gerne Verantwortung übernommen – vom Klassensprecher bis hin zum Mannschaftsführer und was danach alles so kam. B) Mir macht es einfach Spaß, gemeinsam etwas zu erzeugen, zu organisieren und dann das Ergebnis zu sehen. Diesen Mehrwert zu schaffen, das war für mich immer schon ein großer Antrieb. Wenn wir dann noch C) eine Art von Erfolg haben, will ich das wieder und wieder erleben und diesen Weg weitergehen.
SP: Was hast du während der herausfordernden letzten Jahre und während Corona bei deinen Mitarbeiter*innen bemerkt, was dich dazu veranlasst hat, irgendetwas an deiner Art zu führen zu verändern?
HR: Da gibt es einiges. Noch mehr hinter die Kulissen des Einzelnen zu schauen. Dass der Beruf bei jedem individuelle Grenzen hat, die es noch mehr zu respektieren gilt. Nicht alle ticken gleich. Was mir in dieser Phase der Veränderung auch bewusst wurde: Ohne die menschliche Komponente leidet das Miteinander, die Motivation und die Inspiration sehr. Auch dass wir als es sich wieder „normalisiert“ hat gemerkt haben, wieviel Wert das Miteinander dem Business bringt! Damit einhergehend eine höhere Wertschätzung der einzelnen Leistung gegenüber. Selbst wenn die Leistung auf den ersten Blick gering erscheint, steckt manchmal enorm viel dahinter. Das heißt nicht, dass man kein Performance-Management mehr macht. Aber, dass man genauer hinschaut, wo die wirklichen Schlüsselleute liegen, ebenso wie die Faktoren des Erfolgs jedes Einzelnen und der Gruppe.
SP: Eine spannende letzte Schlussfolgerung. Herzlichen Dank für das Interview!
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